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Leadership, Culture, Innovation Marlin Watling Leadership, Culture, Innovation Marlin Watling

Mit OKR Innovation als Breitensport betreiben - die Chance OKR mit JTBD zu verknüpfen

Kleine Hacks machen den Unterschied

Am 3. April 1995 kam die erster Order in sein Startup im Süden Seattles. Amazon hatte gerade seine Webseite veröffentlicht und versprochen, dass es 1 Million Buchtitel gab. So was gab es nicht und das aufkeimende Internet war noch ein Geheimtipp, den Wenige einschätzen konnten. Jeff Bezos war pfiffig und sah einen Strom von Gütern, die über das Internet verkauft werden konnten

Kleine Hacks machen den Unterschied

Am 3. April 1995 kam die erster Order in sein Startup im Süden Seattles. Amazon hatte gerade seine Webseite veröffentlicht und versprochen, dass es 1 Million Buchtitel gab. So was gab es nicht und das aufkeimende Internet war noch ein Geheimtipp, den Wenige einschätzen konnten. Jeff Bezos war pfiffig und sah einen Strom von Gütern, die über das Internet verkauft werden konnten. Der “Everything Store” war die Vision. Und in seiner unkonventionellen Art hatte er auf kein einziges Buch der 1-Million versprochenen Artikel. Wenn eine Order kam, bestellt Bezos bei einem Großhändler und schickte das an die Kunden. So baute er sein Unternehmen zunächst ohne Inventar und risikoarm auf. 

Was heute unter “Lean Startup” Gang und Gäbe ist, war für Bezos ein logischer Schritt. Es sind diese kleinen Innovationen, die langfristig den Unterschied machen. Ähnlichen gesunden Menschenverstand zeigt Bezos seit das Unternehmen 1997 an die Börse ging mit seinen Investorenbriefen (als Buch hier). Ein roter Faden, der sich über all die Jahre durchzieht: Kunden zuerst und langfristig bauen. Und das über alle die Phasen von Wachstum und Wandel zu einem Unternehmen das heute knapp 800.000 Mitarbeitende zählt. Kleine Hacks, konstant durchgezogen, machen den Unterschied. Wie geht das nur? 

Die Königsdisziplin: Innovation und Umsetzung

Der MIT Professor Sandy Pentland untersuchte Netzwerke und Organisationen auf ihre Innovationskraft. Er entwickelte den Gedanken von “Idea-Flow” - Mini-Taktiken, um Probleme zu lösen. Da gibt es zwei Ströme: das Finden von Mini-Taktiken im Umfeld (Exploration) und das Umsetzen dieser Ideen im Team (Exploitation). Die Balance von neuen Perspektiven und gradliniger Umsetzung machen den Unterschied aus. 

OKR drängen sich in letzter Zeit als Heilsversprecher für die Umsetzungskraft in Unternehmen aus. Die Objects-Und-Key-Results (OKR) sind ein Managementsystem, entstanden bei Intel und heute von Google und prägenden Unternehmen angewandt. Die Logik ist simpel: Ziele werden in 3-Monatszyklen gesetzt, auf Wenige beschränkt, transparent kommuniziert und beschrieben. OKR bringen einige Superkräfte mit im Gepäck: Fokus, Strategiediskussion und Ownership (wenn sie nicht halbherzig oder handwerklich schlecht betrieben werden). 

OKR helfen in der Praxis mit Fokus und decken damit einen Teil von Pentlands Gleichung ab: die Exploitation. Fokus stärkt die Umsetzungskraft und das ist oft schon ein Fortschritt in Teams. Vielen Funktionen im Unternehmen fehlt aber der klare Blick auf Innovation und Kundenbedürfnisse. Viele Unternehmen schreiben “Innovation” auf die Fahnen. In der Praxis ziele Mitarbeitende aber auf persönliche Zielerreichung und Abarbeiten von intern gesetzten Prioritäten. Da stellt sich die Frage: wie kann man die Kombination von Umsetzungskraft gepaart mit Innovation im Unternehmen erreichen? 



OKR und JTBD geben ein Traumpaar ab

“Innovation hat nichts mit Glück zu tun”, so der Harvard-Professor Clayton Christensen. “Den Kunden und seinen Wunsch nach Fortschritt verstehen - das ist ein immenser Wettbewerbsvorteil”. Christensens Konzept von Jobs-to-be-Done (JTBD) erzielt ähnlichen Zuspruch wie OKR. Durch JTBD bekommt Innovation Systematik und das Entwickeln von Produkten einen klaren Fokus. Statt über Features und technische Beschreibungen zu argumentieren zählt für die Produktentwicklung die Einsicht in das Kundenerlebnis. “Menschen kaufen keinen Bohrer,” meinte Marketing-Professor Theodor Levitt in den 1960ern, “sie wollen ein Loch in der Wand.” 

Die JTBD-Brille verbunden mit OKR lassen neue Möglichkeiten entstehen. OKR sind der Umsetzungsmuskel. JTBD sind der Innovationsmuskel. Pentlands Gleichung geht auf. Die Balance von Exploration und Execution ist in einem Prozess abgedeckt. Ziele werden demnach im OKR-System nicht mehr technisch oder intern beschrieben, sondern mit Blick auf Zielgruppe, Fortschritt und Kundensituation. Die Anwendung von JTBD auf OKR ist leicht: statt technisch oder intern-fokussiert zu planen bringt ein JTBD-Formulierung von Zielen den Kundenfokus in den Blick. Die JTBD-Brille erzwingt: 

  • eine Zielgruppe zu benennen

  • deren Fortschrittswünsche zu identifizieren 

  • und ihre Situation zu verstehen 

Herkömmlich kann ein OKR-Ziel lauten: “20% neue Kunden auf die Webseite bringen”. Intern-fokussiert und frei von den Wünschen und Bedarfen der Kunden. Übersetzt auf OKR könnte dies lauten: “Marketing-Managern auf der Suche nach x helfen unsere Angebot zu finden, zu verstehen und als hilfreich für ihre Situation zu sehen.” 

Die Übersetzung in JTBD-Sprache ist nicht immer intuitiv und schnell. OKR an sich haben schon eine Lernkurve von mehreren Durchgängen und Monaten, um gute Ziele zu formulieren. JTBD braucht auch eine Eingewöhnung. Das Lernen ist genau die Umerziehung, die ein Unternehmen braucht. Damit sind OKR und JTBD mehr als rein administrative Prozesse - sie sind ein Kulturtool, um Wissensarbeiter im Unternehmen zu prägen.  




Bezos’ Innovations-Hacks

Zurück zu Jeff Bezos. Hier ist sein simpler Hack, um Kundenbedürfnisse mit Zielen zu verbinden. Bei Amazon gab es für jedes neues Projekt ein Dokument zu erstellen. Darin wurde das Kundenfeedback aus der Zukunft beschrieben. Wer mit einer Projektidee kommt schreibt eine Zukunftsbewertung, wen das Projekt wie zufrieden gemacht hat. Ein 5-Sterne Review in die Zukunft projiziert, was das Projekt bewirkt hat. JTBD steht so am Start des Projekts. Oder wie Steve Jobs das einst sagte: “Du musst mit dem Erlebnis des Kunden anfangen und von dort aus rückwärts arbeiten.” 

Schauen wir uns ein Beispiel an. Amazon Web Service. Amazon war als Buchladen im Internet gestartet und später kam die Idee, die eigenen Infrastruktur für Kunden verfügbar zu machen. 2006 macht Andy Jassy den Vorstoß und brachte einen Projektantrag in den Vorstand. Wie immer musste so eine Bewertung enthalten: Zielgruppe, deren Problem, Defizite an bestehenden Lösungen, Wert der vorgeschlagenen Lösung. 

Vergleicht man den Zukunfts-Release von 2006 mit der AWS Webseite heute hört sich Vieles ähnlich an (mehr dazu hier): 

Und heute:


Das Arbeiten vom Endergebnis her erzwingt den Kundennutzen in den Fokus zu nehmen. Auch wenn Schweiß in der Umsetzung steckt bleibt der Orientierungspunkt im Blick. Was Bezos an Management-Praxis mit Zielzuständen vorgab kann ein Vorbild für Unternehmen aller Größen sein. Kundennutzen mit Umsetzung koppeln stärkt ein Unternehmen und prägt die Kultur der Firma. 

Die Chance liegt auf der Hand: mit OKR Flächeninnovation treiben  

OKR sind im Kommen. Bei Dynamik im Umfeld bieten sie ein Management-Tool und zeigen, dass soziale Innovation Unternehmen Superkräfte gibt. Henry Ford machte sich die Ideen von Frederick Taylor zu eigen. Peter Drucker half bei der Führung von Wissensarbeitern. Agile Methoden beflügeln Unternehmen zu mehr Geschwindigkeit. Wenn Organisationen wachsen bleibt der Fokus auf Innovation und Kunden nur selten klar im Zentrum. 

Wenn OKR mit dem Jobs-To-Be-Done Brille formuliert werden entsteht ein Königsweg für Kundenfokus. Kunden interessieren sich nicht um unsere Internas. Ihr eigener Fortschritt ist ihnen wichtig. JTBD in OKR bauen die Brücke, um den eigenen Mitarbeiter diese Denke zu verankern. Wenn ein Unternehmen Execution-Power mit Kundenfokus hinbekommt wird es kaum aufhaltbar sein.  Es sind diese kleinen Hacks, die den großen Unterschied machen. OKR sind im Herzen ein Kultur-Tool. OKR richten den Blick. OKR vermitteln Werte und Worte. Prägen Sie Ihr Haus hin zu Innovation und Umsetzung. 

Alle Ideale brauchen Anwendung. OKR bringen den Fokus und die Umsetzung mit sich. JTBD prägen die Innovation und Kundenperspektive im Unternehmen. In der Kombination liegt ungeahnte Kraft. 

Marlin Watling führte als Personalleiter zahlreiche Personalsysteme ein und leitete in seinen 15 Jahren in Konzernen in Management-Teams Diskussionen zu Effektivität, Alignment und Prioritäten. Heute berät er Unternehmen zu Transformations-Themen und hat über die wirkungsvollsten Tools aus der Ecke von Startups hier geschrieben.

Mehr auf www.fokusziele.de

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Leadership, Innovation Marlin Watling Leadership, Innovation Marlin Watling

Warum Palo Alto blendet

The other day betrat ich einen Konferenzraum mit 40 Personen auf dem Waldhof in Mannheim. Der Stadtteil strahlte in den 80ern dank Klaus Schlappner und dem SV Waldhof in ganz Deutschland – und hatte was von St. Pauli – echt, eigen und mitten im Leben. Die Barracken auf dem Waldhof sind schon lange multi-kulti und hier gilt der Arbeiter als Held. Die angrenzenden Industriegebiete sind dann nur was für ganz harte Industrieromantiker und doch pulsiert hier die Wirtschaft

The other day betrat ich einen Konferenzraum mit 40 Personen auf dem Waldhof in Mannheim. Der Stadtteil strahlte in den 80ern dank Klaus Schlappner und dem SV Waldhof in ganz Deutschland – und hatte was von St. Pauli – echt, eigen und mitten im Leben. Die Barracken auf dem Waldhof sind schon lange multi-kulti und hier gilt der Arbeiter als Held. Die angrenzenden Industriegebiete sind dann nur was für ganz harte Industrieromantiker und doch pulsiert hier die Wirtschaft.

In diesem Treffen sollte es um Innovation gehen – die neue Hauptmelodie auf Chefetagen und bei jungen Wilden in vielen Städten und Betrieben. „Wir müssen Innovation endlich ernst nehmen,“ so die Ansage. „Schaut nach Silicon Valley: ihre Fehlerkultur, ihren Wachstum. Davon müssen wir uns was abschneiden.“ Der Vorschlag, das Projekt Silicon Waldhof zu nennen wurde gerade so abgebogen.  („Was hawwä mir dann mit Silikohn zu duä?“) Und neben Ambitionen und ein paar Ideen für Sprints und Vernetzung war es das dann auch wieder.

Kommt mir so vor, dass wir etwas geblendet sind von Palo Alto. Etwas wie die Malediven – schön, wünschenswert und total weit weg. Und dazu noch unrealistisch für das normale Leben. Wenn unter der kalifornischen Palme etwas in einer Garage zusammengenagelt wird, dann ist das ewig weit weg von den Realitäten auf dem Waldhof – oder sonstwo in Deutschland. Zum einen haben wir unsere Anzahl an Tüftlern und Findigen – halt oft ohne die Egos und Glamour-Stories vom Valley. Zum anderen sind die meisten Organisationen auf Effizienz getrimmt. Da ist wenig Platz für Fehler, für Freizeit zum Suchen, für Moonshots.

Die Diskussion richtig lenken

Nicht, dass wir nicht mit offenen Augen im Kundenkontakt stehen sollten – oder unsere alten Zöpfe kämmen oder abschneiden sollten. Ein Hoch auf Innovation! Innovation ist die richtige Diskussion – wir müssen uns erneuern und ständig hinterfragen. Und es gibt allerhand zu lernen im Umgang mit Innovation.

Allerdings brauchen wir eine realistische Einschätzung, wo wir stehen und was uns hilft. Wird aus dem Waldhof der Durchbruch in Robotics kommen? Wird hier das Epizentrum des Machine Learning entstehen? Eher unwahrscheinlich – und schon gar nicht von bestehenden Organisationen. Wir haben gar nicht die Leute, die schon bei zig Firmen waren, die schon hier und da gegründet haben, die Fehler feiern. Unser Prägungspotenzial für echte Durchbrüche reicht nicht. Wenn mal wieder was Neues geschieht, dann nicht in Fabrikhallen, Meetingräumen oder Corporate Planungssessions; wenn schon dann in einer Garage unter dem waldhofer Nieselregen.

Wenn Palo Alto nicht das Ziel der Träume ist, wie gehen wir dann mit Innovation um? Es gibt einen Weg, der uns viel relevanter scheint.

Geoff Moore beschrieb vor 20 Jahren wie Innovation einer Normalverteilung folgt. Da gibt es die Draufgänger ganz vorne. Dann kommen die Frühen Folger und die Große Mehrheit. Später kommt die Späte Mehrheit und schließlich die Skeptiker.

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Mit der Zeit rutschen Firmen immer mehr nach hinten. In Firmen gibt es so viel zu tun, dass man keine Zeit für Experimente hat, und viel guter Wille schon abgenutzt wurde. Demnach ist man selten vorne dabei, mit offenen Augen durch die Welt zu laufen und schnell auf neue Pferde aufzuspringen. Allerding ist das die Diskussion, die wir brauchen – wie geben wir uns einen Ruck nach vorne? Nicht ganz vorne, aber weiter nach vorne in der Kurve. Es braucht einen Innovationsansatz, der auf schnellere Übernahme von erfolgreichen Neuerungen setzt. Es braucht einen Ansatz, das Portfolio von Ideen, Ansätzen und Technologien zu managen und Innovation darin eine stärkere Stimme zu geben.

Die Kernfrage: was kann unsere Organisation leisten?

So einen Ansatz liefert uns Geoff Moore. Er spricht seit Jahren über Innovation und Dynamiken in Industrien. Sein 1991 Bestseller „Crossing the Chasm“ wurde zum Standardwerk, wie Innovationen es in den Mainstream schaffen. 2015 beschrieb er nun mit „Zone to Win“ die andere Richtung. Wie schaffen es gewachsene Organisationen, Innovationen aufzunehmen?

Moore schlägt ein Zonen-Management vor. Jede Firma besteht auf vier Zonen, die gut gemanaget werden müssen. Zwei Zonen beschreiben das laufende Geschäft: Zone 1 und 2 sind für Wachstum und Effizienz da. Diese müssen Organisationen meistern, um profitabel zu sein. Dazu gibt es dann eine Zone 4 – das weite Feld an Experimenten. Hier sind die Silicon Valleys unterwegs. Organisationen tun gut daran, Geld für diese Zone bereit zu stellen. Wichtig ist hier, dass sie viel Freiheit haben – eigene Prozesse, Entscheidungswege, Zyklen etc. Und dann gibt es die Zone 3 – die Transformation. Wenn man zum Schluss kommt, dass eine Innovation den Markt verändert, dann geht es darum in der Zone 3 zu spielen. Dazu müssen ALLE Dinge in Zone 4 (dem weiten Feld) gestoppt werden (verkauft, verselbständigt, geschlossen) und nur EINE Sache in Zone 3 behandelt werden. Die Zonen 1 und 2 (das laufende Geschäft) müssen 10% Geld freischaufeln, um die Zone 3 zu ermöglichen.

Was Moore sagt: man muss ein Portfolio von Innovationskandidaten haben und dann entscheiden. Wenn es Zeit für Transformation ist, kann man nur auf EIN Pferd setzen. Dieses Pferd braucht Ressourcen, Zeit und anderes Management. Das ist Chef-Sache und muss richtig behandelt werden. Die Konsequenz: Transformation wird eine Kernaufgaben und die schwierigen Fragen in solchen Übergängen müssen gestellt und beantwortet werden.

Wir sind der Meinung, dass man sogar Zone 4 (das weite Feld) nicht selber machen muss. Man kann auch indirekt Erfahrung sammeln oder sich Wissen aneignen. Aber irgendwann muss man zum Schluss kommen, in welche Richtung man die Firma ändert. Und dann braucht es richtige Überzeugung. Es braucht die Veränderung am Design der Firma.

Firmen gestalten sich nach deren Hauptlogik. Für viele ist das die Effizienz: wenig Abweichung, viel Standardisierung, Hauptweg Skalierung und senken der Kosten. Das ist in bestehenden Feldern ideal. Für Transformation ist das allerdings ein großes Problem – weil diese nicht standardisiert ist, viel Lernkurven mit sich bringt, neue Kosten verursacht und eine andere Kultur braucht. Firmen müssen sich zum Meister in Adaptionsfähigkeit entwickeln. Organisationen müssen dafür drei Muskeln ausprägen:

1)      Priorisieren – Firmen brauchen einen guten Radar für das, was an Innovation passiert; einen Weg dies intern zu diskutieren und zu klaren Entscheidungen zu kommen.

2)      Standardisieren – Organisationen brauchen Klarheit und Routine, um Neuerungen einzuführen, wachsen zu lassen und möglichst einfach und direkt unterwegs zu sein.

3)      Beschleunigen – es braucht Unterstützung und Tools, um die Zeit in Lernkurven zu kürzen und Ressourcen an den richtigen Stellen einzusetzen.

Wir sehen die Notwendigkeit von Wandelbarkeit und Transformationsleistung in Unternehmen von heute. Das ist kein Zauber und muss nicht mit Halbwissen aus Artikeln oder Vorträgen gemacht werden. Damit rutschen sie auf der Innovationskurve deutlich nach vorne. Wenn Organisationen neben der Effizienz die Wandelgeschwindigkeit als Merkmal haben, können sie die Vorteile von Silicon Valley für sich nutzen ohne die hohen Kosten des Experimentierens in ganz neuen Feldern zu haben.

Das Beispiel Microsoft

Schauen wir uns mal an, wie das geht. Microsoft folgte eigentlich schon immer dieser Logik. Sie waren nie die Erfinder. Bill Gates war ein wacher Kollege, der schnell sah, was den Unterschied machte. Viele nennen Microsoft den Inbegriff eines „Fast Followers“. Windows wurde von Xerox Parc und Apple abgeschaut, die Maus auch. Excel folgte auf Lotus 1-2-3. Und wo wurde Microsoft zum König der PC-Revolution.

Das ging lange gut – bis die Welt sich änderte. PCs und Server wurden von der Cloud und Tablets abgelöst. Das Geschäftsmodell stand in Frage und andere Firmen wie Google, Amazon und Apple lagen dort weit vorne. Microsoft wurde immer unrelevanter und ihnen drohte das gleiche Schicksal wie anderen Ex-Königen (Nokia, Palm, Motorola, Yahoo etc). Als Satya Nadella vor 5 Jahren Chef von Microsoft wurde, sagte er folgendes:

„Ich würde für eine erfolgreiche Firma immer überbetonen wie wichtig Kultur. Mit der richtigen Kultur ermöglicht man die richtigen Konzepte und passenden Fähigkeiten.“

Seine Ansage: eine Organisation braucht gute Wandelfähigkeit. Erfolg von gestern kann dir dein Morgen rauben. Als Denkpartner fand Nadella die Psychologin Carol Dweck. Diese bringt der Welt die Wichtigkeit des „Growth Mindsets“ bei. Sie forschte bei Kindern, warum manche an Hindernissen wachsen während andere davor zurückschrecken. Es ist der Mindset: fixe oder wachsende Grundhaltung. Die Kinder mit Growth Mindset dachten, sie können an der Herausforderung wachsen. Die Kinder mit Fixed Mindset sahen diesen als Gefahr für ihr Selbstverständnis und Glück.

Nadella nahm das und brachte es Microsoft bei. Wir müssen nicht unser Territorium verteidigen und uns an unseren Erfolg von gestern klammern. Wir brauchen die Haltung, an Herausforderungen zu wachsen. Er nannte seine Prioritäten: Cloud, Augmented Reality und Quantum Computing. Hier war Microsoft nicht vorne. Aber sie stürzten sich rein – mit neuer Kultur und einer Ansage an Wandelbarkeit. Resultat? Läuft ganz gut bei denen die letzte Zeit.

Microsoft hat sich auf seine Wurzeln zurückbesonnen: wache Augen, schnell folgen und dann mit Vehemenz hinterher sein. Und sie haben ihren Weg verändert: nicht mehr PC, Server und Abgrenzung. Mit der dieser Attitüde braucht man nicht den Durchbruch in der Garage, um Innovation für seine Kunden arbeiten zu lassen. Microsoft zeigt den Weg, was Anpassungsfähigkeit und die richtige Kultur bewirken.

Eine knackige Alternative: auf schnelle Imitation getrimmt

Das Feuerwerk an Innovation aus Palo Alto werden wir bei uns so nicht nutzen können. Das ist also ob man versucht, die Malediven in Mannheim zu realisieren. Vielleicht kann die Ambition was bewirken, aber so richtig wird das nichts werden. Muss es auch nicht. Wie die Geschichte zeigt, sind es nicht die ganz weit vorne, die den besten Lauf hatten.

Die Siedler auf dem Weg in den amerikanischen Westen hatten vor 150 Jahren genau das erlebt. Wer als Pionier aus den Kolonien in den Westen zog unterlag einer Scheiterrate von 47%. Fast die Hälfte der Erstpioniere schaffte es nicht. Wer ein paar Jahre danach loszog, war mit 8% scheitern viel besser dran. Followers leben viel erfolgswahrscheinlicher.

Und die großen Namen aus Silicon Valley waren oft nicht die ersten. Google war die 18. Suchmaschine, Facebook die 21. Soziale Netzwerk und Microsoft mit Windows das 21. Graphical User Interface. Elektroautos gab es schon 120 Jahre vor Tesla, Mobiltelefone 30 Jahre vor dem iPhone. Wie Star-Investor Peter Thiel sagt

„Obwohl wir auch mal in einem Markt ganz vorne mit dabei sind, mögen wir es am liebsten wenn andere die ersten Schritte machen und Dinge zum Laufen bringen.“

Follower sind besser dran als die ganz harten Pioniere. First Mover zu sein hat einen hohen Preis. Die Angst, etwas zu verpassen ist immer da und wird dennoch oft auch überbewertet.

Was ist also der Weg? Wir brauchen Organisationen, die sich schnell anpassen können. Adaptionsfähigkeit ist das Zauberwort. Wenn eine Idee sich beweist, dann mit Schmackes hinterher. Dann alle Ressourcen darauf, dort gut zu werden und diese Neuerung für sich nutzbar zu machen. So wie Daimler gerade mit ihrer Ansage zu E-Mobilität. Die Garage von Palo Alto ist nicht unser Ideal. Was wir brauchen sind gute Beobachtung und dann Organisationen, die sich wandeln können. Klare Entscheidung zur Transformation und Meisterwissen in den Übergängen wird uns weiterbringen als die nächste Person mit Rollkragenpulli und Jeans. Nimm das Gute und renn!






Marlin Watling führte als Personalleiter zahlreiche Personalsysteme ein und leitete in seinen 15 Jahren in Konzernen in Management-Teams Diskussionen zu Effektivität, Alignment und Prioritäten. Heute berät er Unternehmen zu Transformations-Themen und hat über die wirkungsvollsten Tools aus der Ecke von Startups hier geschrieben.

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Culture, Essay Sven Lager Culture, Essay Sven Lager

Die Kunst, erfolgreich in Unternehmen zu scheitern

Am Anfang war die Kartoffel, oder um genauer zu sein, die Bratkartoffel. Sie war dem Gast eines New Yorker Restaurants nicht gebraten genug, außerdem waren die Stücke viel zu dick geschnitten! Und da der Kunde König ist, machte sich der genervte Koch daran noch besser angebratene und dünnere Bratkartoffeln in seiner Pfanne zuzubereiten. Der Gast ließ sie wieder zurückgehen, und so ging das hin und her, bis der Koch in gemeiner Absicht eine Kartoffel in hauchdünne Scheibchen schnitt und sie einfach frittierte. Und das war die Geburtsstunde der Kartoffelchips.

Am Anfang war die Kartoffel, oder um genauer zu sein, die Bratkartoffel. Sie war dem Gast eines New Yorker Restaurants nicht gebraten genug, außerdem waren die Stücke viel zu dick geschnitten! Und da der Kunde König ist, machte sich der genervte Koch daran noch besser angebratene und dünnere Bratkartoffeln in seiner Pfanne zuzubereiten. Der Gast ließ sie wieder zurückgehen, und so ging das hin und her, bis der Koch in gemeiner Absicht eine Kartoffel in hauchdünne Scheibchen schnitt und sie einfach frittierte. Und das war die Geburtsstunde der Kartoffelchips.

Wie wahr die Geschichte ist, weiß niemand, aber sie ist wahr in ihrem Umgang mit dem Scheitern. Aus einer Krise entstand ein innovativer Ansatz, der schnell umgesetzt und getestet werden musste bis er zu einem erstaunlichen Ergebnis führte. Ein kreativer Quantensprung war geschehen, der das Scheitern im Prozess brauchte.

 

Ein kreativer Quantensprung war geschehen, der das Scheitern im Prozess brauchte.

 

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Über 70% aller Start-ups in Deutschland schaffen es nicht aus ihrer innovativen Idee ein erfolgreiches Unternehmen zu machen. Statistisch nach der CB Insight Studie haben 40% von ihnen die Marktnachfrage falsch eingeschätzt

30% hatten am Ende nicht genug Finanzierung

23 % hatten kein gutes Kernteam

19% wurden von der Konkurrenz überholt

18% konnten kein profitables Produkt entwickeln

Wenn man sich den revolutionären Ansatz von Eric Ries Lean Start-ups ansieht, wird klar, dass zu viele Start-ups nicht schnell genug ihre Produkte testen und ihren Ansatz, ihre Prozesse und Produkte nicht agil genug modifizieren. Vor allem, dass sie am Ende endgültig scheitern, statt davor schon erfolgreich das Scheitern als kreativen Prozess einzuplanen.

Wer schon mal eine eigentlich großartige Idee in den Sand gesetzt hat, weiß wovon ich spreche. Mich macht es schon verrückt einen Ikea-Küchenschrank falsch zusammenzubauen. Noch beschämender ist es ein größeres Projekt in eine falsche Richtung gelenkt zu haben. Dabei gehört genau das zum kreativen Prozess dazu. Wenn man rechtzeitig einlenkt. Sonst hat man es mit dem sogenannten Cost Sunk Bias zu tun. Auf Deutsch: Kostenversenkungsvoreingenommenheit. So nennt man bei Unternehmen die andauernde Unfähigkeit Fehler zu korrigieren, und damit viel Geld zu verbrennen.

Der Schlüssel: Fail Forward

Das Gegenteil von Cost Sunk Bias ist Fail fast and fail early, ein immer häufiger angewandter Unternehmensansatz, in dem Fehler wichtig sind und schnelles Scheitern zum Prozess gehört. Nur wie funktioniert das? Was braucht ein Unternehmen, vor allem braucht ein Team für diesen kreativen Prozess? Und wer bringt einem das bei? Wir bei Lumen haben uns das mal genauer angeschaut und uns nach Beispielen umgesehen.

Pixar wurde mit Toy Story zu einer der bekanntesten und innovativsten Filmunternehmen der Welt und produziert ungebrochen kluge, unterhaltsame und erfolgreiche Filme für Kinder und Erwachsene.

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Schnelles Scheitern wurde schon früh bei Pixar zum Programm, weil gerade die kreativen Prozesse eine ständige Korrektur brauchen, um gute Ergebnisse zu bringen. Fehler am Anfang einer Storyline eines Films haben später große Konsequenzen. Je früher man das merkt, desto besser kann man aus Fehlern lernen. Das Entscheidende ist hier, dass die Fehler nicht nur einfach passieren, sondern für das Gelingen äußerst wichtig sind. Bei Finding Nemo war es so. Die Geschichte stand fest, wurde aber wie gehabt in einem internen Review vor Kollegen („Brain Trust“) zur Kritik freigegeben, und scheiterte dort zum Glück im Prozess, sonst wäre nicht so ein weltweiter Erfolg draus geworden. Der Brain Trust besteht aus einer ausgewählten Gruppe von Kreativen bei Pixar, die dem Regisseur regelmäßig Feedback geben zu verschiedenen Entwicklungsstufen der Story. Oberstes Prinzip ist: Offenherzigkeit. Also nicht zurückzuhalten, sondern laut mitzudenken, auch wenn am Ende immer noch der Regisseur alleine entscheidet. Und genau dieses offenherzige Feedback führt zu einer besseren und verfeinerten Geschichte und einem Produkt, das qualitativ besser ist.

Just do it wurde zum Manifest einer experimentierfreudigen Kultur, aber wir sind Bewahrer und wagen zu wenig.

Pixar ist auch in den USA immer noch ein Pionier, aber die amerikanische Unternehmenskultur hat grundsätzlich einen anderen Ansatz beim Scheitern als die deutsche. Just do it wurde zum Manifest einer experimentierfreudigen Kultur, die zwar immer noch siegerorientiert, aber spielerischer ist.

Warum tun gerade wir Deutschen und Europäer uns dann immer noch so schwer mit dem Scheitern? Wo kommen unsere Berührungsängste her? Wir mögen gründlicher sein und nachhaltiger orientiert, aber die falsche Bescheidenheit ist uns immer noch wichtig.  Wir sind Bewahrer und wagen zu wenig.

Manche kopieren das amerikanische Modell des Erfolgs und machen einen auf supererfolgreich auf Instagram. Ähnlich wie Gastarbeiterfamilien in den 50er und 60ern, die in Baracken wohnten, aber Bilder von Schlössern nach Hause schickten, vor denen sie posierten.

Wir leben in einer innerlich zerrissenen Kultur. Die unglaubwürdigen Marktschreier auf der einen Seite, auf der anderen die braven Verwalter des Erfolgs. Nur kann man heutzutage den Erfolg von gestern nicht mehr verwalten, weil sich die Märkte zu schnell ändern. Es wird also Zeit, dass wir Pioniergeist entwickeln und das erfolgreiche Vorwärtsscheitern lernen, denn:

 Wir scheitern ständig und täglich, weil es ein kreativer Prozess ist, also lernen wir besser einfach daraus.

Nicht jemand, sondern etwas scheitert, und dieses etwas kann man jederzeit zusammen verbessern und anpassen.

Scheitern, Scham, Angst. Es ist eine Frage der Kultur, ob innovative Ansätze beargwöhnt werden oder interessiert aufgenommen. Die Revolution im Unternehmerischen findet zwar längst statt, die Transformation zur Agilität und Digitalisierung ist überall zu sehen, aber ausgerechnet die jüngsten Mitarbeiter und Unternehmer leiden oft darunter. Ihr sogenannter Millenial Burnout speist sich aus der pausenlosen Optimierung und daran, dass Arbeit Leben und Leben Arbeit geworden ist.

Leben ist Leistung und Scheitern beim Burnout persönlich. Und das ist was die hiesigen Millenials uns spiegeln, unsere europäische, wenn nicht deutsche Wunde. Wir können nicht sachlich scheitern, egal wie wir es sehen, es ist für uns ein komplettes Versagen.

Uns fehlen oft ein gelassener Selbstwert und eine andere unternehmerische Identität, um etwas kreativer und vor allem gelassener scheitern zu lassen.

Ist jemand der Wechsel eben aufgefallen?

Nicht jemand, sondern etwas scheitert, und dieses etwas kann man jederzeit zusammen verbessern und anpassen. Wenn aber das eigene Start-up oder die Community bei der Arbeit zur Identität wird, wird das Leben ein Erfolgskrampf und Scheitern so persönlich, dass wir nicht mehr spielerisch damit umgehen können. Am besten illustrieren das die an Karōshi gestorbenen Mitarbeiter in Japan, die oft noch jung einfach tot umgefallen sind bei der Arbeit. Es sind so viele in dieser stark von Hierarchie und Ehre getriebenen Kultur, dass dieses Phänomen einen eigenen Namen hat, Karōshi, wörtlich Überarbeitungstod. Hier ist Scheitern noch so persönlich, dass es tödlich endet. Oder der krampfhafte Versuch nicht zu scheitern.

Nur wie kann eine kreative Unternehmenskultur das sachliche Scheitern statt dem persönlichen lernen?

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Als Pixar selbst in der Krise war vor ein paar Jahren wurde der Notes Day geschaffen. Eine Art firmeninterner Brain Trust, der nur möglich war, weil alle eingeladen waren an den kreativen Prozess des Scheiterns und Verbesserns teilzuhaben. Ein ganzer Tag im Jahr, der nicht wie beim Brain Trust sonst der Entwicklung eines Films galt, sondern diesmal der Entwicklung der ganzen Firma. Ein Tag, an dem alle Mitarbeiter nicht anderes tun als sich an die Lösung der Firmenprobleme zu machen, die sie vorher als Vorschläge gesammelt hatten, in absoluter Offenherzigkeit. Inspiriert übrigens auch von Toyotas berühmter und erfolgreicher Strategie vor vielen Jahren alle Mitarbeiter in Lösungsprozesse zu involvieren.

In kleinen Gruppen und ohne die Gegenwart der Manager wird am Notes Day überlegt, wie eine spezielle Herausforderung zu lösen ist. Über Hundert Probleme wurden am ersten Notes Day identifiziert, viele auf Mitarbeiterebene ohne Management gelöst und gebündelt, und an über 20 wurde danach weitergearbeitet. Die Notes Days wurden danach eine feste, jährliche Einrichtung.

Eine Art firmeninterner Brain Trust, der nur möglich war, weil alle eingeladen waren an den kreativen Prozess des Scheiterns und Verbesserns teilzuhaben.

Diese Offenheit und Wertschätzung für das Feedback der Mitarbeiter bis hin zu kollektiven Entscheidungen ohne Managementhierarchie in bestimmten Bereichen brachte erfolgreiche Innovation und die Fähigkeit agil zu sein als Unternehmen auf allen Ebenen, vom Manager bis zum Zuarbeiter. Während ein Ozeandampfer wie die Deutsche Bank langsam, aber unaufhaltsam sinkt, weil zu viele Fehlentscheidungen mitgeschleppt wurden. Die unflexible Top-Down Mentalität von Entscheidungen tat zur Gier ihr übriges. Ein klassisches Beispiel für den Sunk Cost Bias.

Wie also können wir lernen besser zu scheitern?

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Gerade aus den untergehenden old school-Firmen kommen die Manager und Mitarbeiter (meist Männer!), die bei den inzwischen berühmten Fuck-up Nights ihren Frust ablassen, indem sie öffentlich ihr Versagen gestehen und darüber mit anderen lachen. Einst in Mexiko City von frustrierten Mitarbeitern erfunden, sind die Fuck-up Nights längst ein wichtiger Bestandteil der weltweiten Counterculture unserer immer noch auf Performance und Leistung gebürsteten Unternehmenswelt.

Und solange noch Unternehmen die Scham fürs Scheitern als Angstkultur weitertragen, wird es woanders eine Katharsis, eine Reinigung, ein Dampf ablassen dafür und damit auch ein Lernen daraus geben, nur leider nicht im eigenen Unternehmen.

Google kam diesem Problem auf die Spur, als man dort anfing herauszufinden, was erfolgreiche Teams ausmacht. Dabei kam heraus wie wichtig das psychologische Sicherheitsgefühl von Mitarbeiter ist für kreative, Teams.

Längst war gerade hier klar, dass der bis heute gängige Taylorismus der Industrialisierung mit seiner Arbeitsstückelung für Untergebene keine Zukunft hat, wenn Innovation das Kerngeschäft ist. Nur wie können sich Mitarbeiter sich so wohlfühlen, dass sie ihr kreatives Potenzial einbringen und vor allem: Auch damit mal was falsch machen dürfen! Die Studie ist einigermaßen bekannt, aber vor allem mit dem Blick aufs Scheitern, dem Fail Forward interessant.

 Im Project Aristoteles ging vor allem darum empirisch nachzuweisen, was Teambrillianz ausmacht. 180 Team weltweit wurden erforscht und man fand mehrere Faktoren, die für die Psychological Safety, also die Zugehörigkeits- und Sicherheitsgefühl in Teams wichtig sind:

1.      In guten Teams darf man dumme Fragen stellen und Fehler machen. Im Team wird man damit nicht als inkompetent, ahnungslos, negativ oder störend empfunden, im Gegenteil: Jeder hat das Gefühl, offen sein zu dürfen. Wie wichtig das ist hat die Forscherin Bréne Brown in ihrem TED-Talk “The Power of Vulnerability” aufgezeigt, der als einer der erfolgreichsten von TED gilt.

2.      Dann ist da die eigene Verantwortung, also das Gefühl wirklich seinen Teil beizutragen und seinen Verpflichtungen nachkommen zu können. Und weil das nicht immer klappt, darf man gerade in einem guten Team regelmäßig andere um Hilfe bitten.

3.      Klarheit. Hier wird immer deutlicher wie Individuum und Team zueinanderstehen. Nichts ist schlimmer als falsche Erwartungen und Unklarheit bei Entscheidungen. Mitarbeiter, die sich im Team wohlfühlen, wissen was von ihnen erwartet wird, was sie entscheiden können und auch dass ein Nicht-Liefern Konsequenzen hat.

4.      Dann kommt Sinn. In guten Teams herrscht das Gefühl, dass das, an dem man zusammenarbeitet, Sinn macht und etwas bewirkt. Jeder Mensch möchte auf etwas Sinnvolles hinarbeiten und etwas dazu beitragen. Und das geht of nur im Trial and Error Verfahren wie schon die Psychologin Carol Dweck in ihrem wegweisenden Buch “Mindset” zeigt. Zum gesunden Mindset des Wachsens gehört vor allem das Fehler machen, daraus zu lernen und weiterzumachen.

5.      Und hier näheren wir uns dem Kern: Mitarbeiter in guten Teams fühlen sich gewertschätzt und in ihren einzigartigen Begabungen gefördert und gesehen. Solange das Scheitern aber als persönliches Versagen gesehen wird, und Fehler als Makel, ist da kein Platz für Wertschätzung und Potentialförderung.

Richtiges Scheitern, also Vorwärts-Scheitern ist also meist ein gesundes Phänomen von innovativem Wachstum. Und wichtig ist hier der kreative Aspekt, den z.B. Apple und Pixar deutlich gemacht haben und der in der Agilität von Unternehmen heute immer wichtiger wird. Das endgültige Aus für viele innovative Ideen, wie sie Start-ups verfolgen, könnte also oft vermieden werden. Mit dem richtigen Fail Forward könnte die Erfolgsrate bei Start-ups in Deutschland statt bei 26% bei 50% liegen. Und damit auch Deutschland als Standort innovativer Unternehmen wachsen.

 

Nur 26 % deutscher Start-ups sind erfolgreich / Mit Fail Forward könnten es weit mehr sein

Nur 26 % deutscher Start-ups sind erfolgreich / Mit Fail Forward könnten es weit mehr sein

Richtiges Scheitern ist also meist ein gesundes Phänomen von kreativem Wachstum

Ed Catmull, kreativer Geist und bis vor Kurzem Vorstand von Pixar und Walt Disney Animation Studios gibt in seinem Buch Creativity, Inc. Einblick was bei guten Teams wichtig ist. Er schreibt, dass eine unfertige Idee mit allen geteilt besser ist als eine zu lang überlegte, und dass die besten Ideen von überall kommen, nicht nur vom Management oder der Kreativen im Team.

Catmull betont wie wichtig es ist nicht Risiken zu vermeiden, sondern absehbare Risiken einzugehen, indem neu Ansätze ausprobiert werden. Und wie bei Künstlern üblich kann man nicht immer gleich sagen, ob eine Idee großartig ist, sie muss erstmal an Licht gebracht und getestet werden.

Was uns also in der deutschen Unternehmenskultur noch fehlt ist kollektiv spielerisch sein zu dürfen und neue Wege einzuschlagen, auch wenn nicht alle zum Ziel führen. Und so wichtig wie schon vor einem Jahrhundert eine nüchterne Kosten-Gewinn Orientierung ist, bedarf es innerhalb der Unternehmen eine größere Freiheit aller offenherzig sein zu dürfen mit Ideen und Lösungsansätzen.

Und Apple wusste, dass es genug verrückte Kreative braucht, um zu wissen, was die Kunden morgen brauchen, von dem heute noch nicht wissen, dass sie es brauchen.

Für eine gute Balance von visionärer Kreativität und wirtschaftlichem Erfolg ist Apple ein gutes Beispiel. Apple war bewusst, was die Kunden wollten. Und Apple wusste, dass es genug verrückte Kreative braucht, um zu wissen, was die Kunden morgen brauchen, von dem heute noch nicht wissen, dass sie es brauchen. Viele Appleprodukte scheiterten übrigens, waren aber ein wichtiger Schritt des Lernens zu den erfolgreichen Produkten.

Meine persönliche Erfahrung als Gründer, Chef, Autor, Mentor und auch als Ehemann und Familienvater ist immer ähnlich: Wir befinden uns ständig in kreativen Prozessen. Vor allem in Beziehung zu anderen Menschen ist genau hier die positive Kultur des Scheiterns ausschlaggebend. Ohne die wird nichts wirklich rund. Das Scheitern muss sich vom Persönlichen ins Sachliche verlagern. Scham als Kulturangst wird ersetzt durch Experimentieren und Forschen.

Die Harvard Verhaltensforscherin Amy Edmondson nennt in ihrem TEDx Talk drei Ansätze, mit denen Teams sich sicher fühlen und besser vorankommen.

1.       Die Aufgaben werden nicht als reine Erledigung betrachtet, sondern als Lernaufgaben.

2.       Jeder im Team darf und soll scheitern dürfen.

3.       Echte Neugier und viele zu Fragen stellen werden als Teamkultur gepflegt.

Gut und produktiv in den Erfolg zu Scheitern ist tatsächlich ein Teamprozess

Scheitern bleibt peinlich. Aber wenn wir sein Potential nutzen und es als gemeinsamen und kreativen Prozess sehen, kann es sogar Spaß machen und uns zu verrückten Erfolgen führen wie der Erfindung der Kartoffelchips. Man muss sich Koch und Gast einfach nur vorstellen wie sie staunen und die ersten Kartoffelchips der Welt zusammen genießen. Ihr kreativer Konflikt war nicht persönlich.

Mehr Freude bei der Arbeit und im Leben also. Dann darf auch beides mal ein und dasselbe sein

Sven Lager leitet mit seiner Frau das Startup www.schooloflove.berlin und ist als Berater für Kultur und Kollaboration im Team von Lumen Partners.

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Marlin Watling Marlin Watling

Warum können Großkonzerne nicht disruptiv sein?

Warum klappt das eigentlich nicht, dass ältere Organisationen innovativ sind? Man sieht das bei den Nokias und GEs dieser Welt. Viel Geschichte, viel Ressource, smarte Menschen – und doch immer wieder mehr vom Gleichen.

Innovation in Großkonzernen

Warum klappt das eigentlich nicht, dass ältere Organisationen innovativ sind?

Man sieht das bei den Nokias und GEs dieser Welt. Viel Geschichte, viel Ressource, smarte Menschen – und doch immer wieder mehr vom Gleichen.

Ich sitze oft mit Dutzenden Leuten zusammen, die an dieser Frage in die Tischkante beißen. Man sieht eigentlich, was es zu tun gibt. Man hat die Frage im Raum und die Leute drängen darauf. Und doch geht nichts. Kürzlich bin ich beim Lesen von Jeff Bezos Biographie (the everything store) über seine Idee mit Lab 126 gestolpert.

VOM BUCHHÄNDLER ZUM E-BOOK ERFINDER

Der Bezos hat ja ein Buchladen ins Internet gepflanzt, und dabei gelernt, wie man Dinge elektronisch unters Volk bringt. Anfang belächelt bahnte sich ein Weg zum unaufhaltbaren Konzern. Von Büchern ging es dann über Spielzeug, Kleider, Lebensmittel zu Filmen und Musik. Irgendwann will er alles. Aber 2004 stieß er an eine Schwelle. Dinge übers Internet verticken ist die eine Sache, ein E-Book Reader das andere. Erinnern wir uns an 2004 – dort gab es Buchläden, die richtig eine Größe in der Landschaft waren. Barnes & Noble, Borders und andere. Und Amazon hatte denen den Kampf angesagt mit großer Auswahl und weniger Fahrtzeit zum Buch.

Startup Strategie im Konzern

Und dann erschien
am Horizont ein
e-book Reader

Was heute mit Tablet überall ist, war damals Science-Fiction. Und das Problem war, wie immer, der erfolgreiche Mutterkonzern. Amazon war optimiert auf Webseite, Logistik, Produktreviews. E-Books Reader war Hardware, Software, Datenkommunikation. Was anderes. Das geht meistens schief. Und Bezos (der Schnelldenker) wusste, dass das nicht unter einem Dach passieren kann. Weil das nie klappt.

Warum eigentlich? Clayton Christensen hat mir dafür Worte gegeben. Jede Organisation standardisiert sich irgendwann. Es gibt Prozesse, Policies, Werte und Belohnungssysteme. Die sind alle auf den Zweck der Organisation ausgelegt und sollten sich gegenseitig bestärken. Daraus wächst ne Kultur und wie man etwas in ner Organisation auf die Rille bekommt. Beispiel Bezos-Bücher? Billig sein, schnell sein, viel Auswahl haben, Cross-Selling. Ich nehme mal an, der Bücher-Bezos hat viel in die Webseite, Promotions und Logistik investiert, damit das Ding funzt.

Neue Organisationen brauchen Freiheit, ihre eigenen Prozesse etc zu entwickeln. Weil sie machen ja was anderes. Sie folgen einem anderen Zweck und brauchen andere Optimierungen. Gerade bei innovativen Umfeldern braucht das Zeit, das rauszufinden. Und deswegen ist das eine Dach für zwei Arten von Unternehmen schwierig. Was für Bücher gibt, mag nicht für e-Book-Reader gelten. Wer beim Bücherverkauf der Held ist, taugt bei den Readern vielleicht nichts. Christensen beschreibt das gut und ausführlich im HBR Artikel Meeting the Challenge of Disruptive Change

Innovation in Organisationen

INNOVATION BRAUCHT EIN NEUES ZUHAUSE

DIE LÖSUNG - SPINNOFF

Seine Lösung? Für richtig neue Sachen, braucht es einen Spinoff. Eine neue Organisation, die frei ist, sich selbst zu definieren und einer eigenen Logik zu folgen. Das scheint ja auch die Realität zu sein – viel Innovation kommt nicht von den großen, sondern von neuen Playern, die einfach mal machen. Später werden die dann gekauft oder wachsen als neue große Organisationen.

Was ist eigentlich der Wert von ganz eigenen neuen Organisationen? Warum lässt man das nicht einfach laufen und kauft sich die Rosinen zusammen? Faire Frage, und viele machen das so. Unternehmen haben immer häufiger ein Venture Capital Arm, der neue Ideen findet und sich früh beteiligt. Die machen das also nicht selber, sondern gehen auf die Pirsch und lassen die anderen experimentieren.

Aber ein großes Unternehmen sieht natürlich viel – unter anderem haben sie viele Kunden und damit superviel Erfahrung. Dann haben sie blitzgescheite Leute und öfter mal auch viel Kohle und Infrastruktur. Und sie haben Appetit. Daher lohnt es sich schon für die Platzhirsche, sich mit neuen Trends selbst zu messen. Aber die Spin-Off Idee ist der Königsweg.

LAB126 Case Study

LAB 126 |
EIGENSTÄNDIG - FREI - WEIT WEG

Und das hat Bezos gemacht. Lab 126 ist 1.350 Kilometer von Amazon Hauptquartier entfernt. Lab 126 hat einen eigenen Auftrag, eigene Führung, eigene Buchhaltung und eigene Ziele. Es trägt zwar den Amazon-Name, ist aber so eigenständig wie möglich. Drei Jahre nach dem Start von Lab 126 kam der Kindle e-Reader raus. Und der lief.

NEUES UNTER EIN NEUES DACH

Eine schöne Lektion und beeindruckende Geschichte. Hätte Bezos das in Seattle versucht, würden wir heute noch unsere Bücherregale jedes Jahr ausweiten (vielleicht). Auf jeden Fall war Bezos smart, das Neue unter ein neues Dach zu geben. Und vielleicht ist das auch der Weg für die Nokias und GEs dieser Welt. Der Pfad ist schmal zwischen Kontrolle und Freiheit. Bestehende Organisationen haben viel zu verlieren. Ihr Brand ist etabliert, ihre Prozesse optimiert. Aber es braucht neue Formen - keine alte Logik, der wir folgen müssen. Keine Reports und Prioritäten, die gestern gut funktioniert haben und heute nicht mehr so ganz passen. Und neue Räume mit hängenden Lichtern sind mehr Kosmetik als die neue Welle.

Nur mit mutigen Schritten wird man auch in Zukunft ganz vorne dabei sein. Wir haben keine Garantie, dass es funktioniert. Aber ohne Mut, wird sicher die Zukunft auf wackligeren Beinen stehen denn je.

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