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Strategie für alle – Kommunikation in der Krise
Organisationskultur in Zeiten nach der Pandemie bedeutet also einmal mehr, den Eisberg „zu heben“, vermeintlich Unsichtbares sichtbar zu machen, über Möglichkeiten und Erwartungshaltungen zu sprechen und Orientierung für die Zukunft zu vermitteln. Wenn sich Ihre Strategie an den aktuellen Gegebenheiten, der neuen Arbeitskultur und realistischen Zukunftsszenarien orientiert und sie 1. kontinuierlich 2. zusammenhängend und 3. zielgruppenspezifisch vermittelt wird, hat sie große Aussicht auf Erfolg und wird hoffentlich nicht „zum Frühstück“ verspeist.
post covid strategie
Unser „Neues Normal“ im Zuge der Corona Pandemie hat für viele Unternehmen die Organisationskultur auf den Kopf gestellt: Wo früher das Homeoffice untersagt oder die Ausnahme war, ist es plötzlich zur Regel geworden. Der „Digital Workplace“ funktioniert, die Digitalisierung wird von allen verstanden und für wichtig erachtet und Remote Work & Kollaboration sind plötzlich keine fancy Themen mehr – sondern der Standard. Das gilt für Firmen, öffentliche Verwaltung, Bildung und NPOs gleichermaßen.
Governance Themen, Security und auch der Datenschutz mussten während der Pandemie für kurze Zeit pragmatischen Lösungen weichen. Selten wurden so viele Business Themen über Messenger gelöst – ob privat auf WhatsApp oder in Corporate Social Intranets.
Bei vielen Kunden und Partnern sind Strategieprojekte für eine kurze Zeit „on hold“ gewesen –
und kommen jetzt zurück, ganz oben auf die Prioritätenliste.
Doch wir wissen: „Culture eats Strategy for Breakfast“. Wie etablieren und wie kommunizieren wir also wirksam eine (neue) Strategie im Jahr 2022/23 nach den Veränderungen durch die Pandemie?
Gut ist: Das Rad muss nicht neu erfunden werden und die Gesetze einer wirksamen Strategiekommunikation gelten auch heute noch. Aber: Es ist heute nicht weniger aufwändig – im Gegenteil, es ist anstrengender denn je.
Neue Herausforderungen
Supply Chain: Engpässe hinsichtlich der Lieferketten
Fachkräftemangel: Herausforderungen qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen
Psychologischer Stillstand: Die Rezession führt zu einem psychologischen Stillstand
Noch nicht abgeschlossene Restrukturierungsprojekte
Agile Welten treffen immer noch auf klassische Hierarchie: Agile Produkt- und Projekt-Entwicklung sind noch nicht vollständig in den Organisationen etabliert
New Work ist noch nicht abschließend verankert: Viele Firmen sind immer noch dabei, einen Regelbetrieb zu finden
Warum die anstrengung sich lohnt
In Zeiten des Umschwungs benötigen Mitarbeitende Klarheit und Orientierung mehr als je zuvor. Für viele Menschen war die Krise eine Zeit geprägt von Absagen, Enttäuschungen, Verlusten und großen Veränderungen. Das alles führte zu viel Stress im Alltag und auch im Beruf. Die Heimarbeit führte zu endlosen Zoom Calls und großer Müdigkeit – den Beleg zeigen uns nun auch etliche Studien. Hinzu kamen die medial groß angekündigte Rezession, Voraussagen zu Insolvenzen, umfangreicher Stellenabbau in klassischen Industriebereichen und der Überlebenskampf in von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Branchen.
Neue Chancen
Nur wenige Firmen haben während der Pandemie wirksam ihre Strategie kommuniziert. Dabei birgt die Krise auch „Chancen“:
Die Ohren der Mitarbeiterschaft sind weit offen. Das Bedürfnis nach Klarheit und Orientierung – das was Strategie bieten sollte – war selten so groß.
Selten war das Verständnis und die Bereitschaft für „Try and Error“ so hoch, wie in Zeiten der Pandemie. Jahre haben Unternehmen versucht, eine „Fehlerkultur“ als Grundlage für Innovation zu etablieren. Diese Entwicklung ist auch post Covid noch zu spüren.
Selten war der Wunsch nach menschlicher Nähe und Zugewandtheit so groß. Kurse für Resilienz, Empathie, Emotionale Intelligenz, Achtsamkeit und Mindfulness stehen hoch im Kurs und führen die LinkedIn Liste der Top Skills an. Hier kann Kommunikation Großes leisten. Sie kann Mitarbeitende spüren lassen, dass sie gesehen werden sowie Menschen und ihre Leistungen wertschätzen.
Was Strategiekommunikation post covid leisten muss
Der Veränderungsprozess nach der Pandemie ist noch nicht abgeschlossen – im Gegenteil, wir haben noch alle Möglichkeiten nach ersten Ad-Hoc-Maßnahmen nun mit einer klaren Strategie und mit klaren Fokuszielen Orientierung zu bieten.
Um eine konstruktive Haltung und eine gesunde Organisationskultur nach der Krise zu pflegen, gilt im besonderen Maße:
Wir benötigen strategische Narrative. Im ersten Moment der Corona Pandemie waren wir alle mit schnellen Reaktionen und Maßnahmen herausgefordert. Die Kommunikation verlief Ad-Hoc. Viel half viel und Probleme wurden pragmatisch gelöst. Nun gilt es Ordnung und Struktur in das Ganze hinein zu bringen. Es braucht Orientierung und einen „roten Faden“. Unsere Kommunikation muss ein zusammenhängendes Bild ergeben. Dazu muss sich die Strategie an der neuen Situation ausrichten und klar differenzieren, was bleibt und was sich verändern wird:
„Bleiben“ bedeutet Sicherheit, Widerstandsfähigkeit, Assets und Guthaben. Dies sind essentielle Grundlagen für die weitere Ausrichtung.
„Veränderung“ bedeutet Neues. Neues bietet Chancen, kann jedoch zugleich auch Ängste hervorrufen. Hier braucht es eine feinfühlige und dennoch klare Kommunikation, Empathie und eine an der Zielgruppe orientierte Sprache und Tonalität. Bilder und Symbole können dabei helfen, positive Assoziationen hervorzurufen und konstruktive Haltungen zu erzeugen.Walk the talk: Leadership (Leitung, Führung) ist herausgefordert positive Beispiele zu geben, die an die Wertebasis der Organisation anknüpfen und so Sinnorientierung und Motivation erzeugen können. Das Management muss dazu einen strategisch und kulturell orientierten (Handlungs-)Rahmen innerhalb des strategischen Narratives etablieren. Hierüber gilt es, Chancen für das Unternehmen und Wirkräume für jeden Einzelnen aufzuzeigen, Erwartungen zu adressieren und zugleich Grenzen zu setzen.
Organisationskultur post Covid bedeutet also einmal mehr, den Eisberg „zu heben“, vermeintlich Unsichtbares sichtbar zu machen, über Möglichkeiten und Erwartungshaltungen zu sprechen und Orientierung für die Zukunft zu vermitteln.
Wenn sich ihre Strategie an den aktuellen Gegebenheiten, der neuen Arbeitskultur und realistischen Zukunftsszenarien (Business Foresight – mehr dazu gesondert) orientiert und sie
a) kontinuierlich,
b) zusammenhängend und
c) zielgruppenspezifisch
kommuniziert wird, hat sie große Aussicht auf Erfolg und wird hoffentlich nicht „zum Frühstück“ verspeist.
Motoki Tonn, Kommunikation und Organisationskultur nach der Krise. Bild: Lumen Partners.
Mindset – Unternehmenskultur verändern
Nach dem Vortrag auf dem Kommunikationskongress 2017 über “Mindset und Kulturveränderungen durch interne Kommunikation” haben uns einige angefragt, ob dieser auch schriftlich zu erhalten sein. Hier eine kurze Zusammenfassung zum Thema, das uns die letzten Jahre beschäftigt hat.
Nach dem Vortrag auf dem Kommunikationskongress 2017 über “Mindset und Kulturveränderungen durch interne Kommunikation” haben uns einige angefragt, ob dieser auch schriftlich zu erhalten sein. Hier eine kurze Zusammenfassung zum Thema, das uns die letzten Jahre beschäftigt hat:
Kulturveränderung im laufenden Betrieb
Wir haben uns nicht mit der Frage beschäftigt, wie Kulturveränderung möglich ist, wenn der Karren schon tief feststeckt, sondern fanden es noch spannender, die Frage zu klären: Warum Kulturveränderung, wenn alles scheinbar bestens läuft?
Meliha Berber und ich haben gemeinsam über den Roche Diagnostics Case gesprochen – und sowohl die Pharma- als auch die Diagnostics Sparte von Roche nehmen beide eine klar marktführende Stellung ein — weltweit. Warum also ein Mindset erarbeiten und eine Kulturveränderung anstoßen?
Gesundes Stakeholder Management
Ausgangspunkt war eine Stakeholder- und Mitarbeiterumfrage, die klarmachte: Roche Diagnostics liefert eine hohe Qualität, ist robust und gut in den Prozessen, aber auch eher hochpreisig, starr und wenig mobil und noch weniger innovativ. Ein Warnsignal für das Leadership-Team: Bei den anstehenden strategischen Herausforderungen in Bezug auf Globalisierung, Diversity, IT Anforderungen, Digitalisierung und den ständig wachsenden Kostendruck und die weltweit steigenden Compliance Anforderungen, sind wir mit diesem #mindset nicht gut aufgestellt.
Kulturmanagement first
Eine der wesentlichen drei Säulen des St. Galler Management Modells ist neben Strategie und Struktur auch die Kultur. Das St. Galler Management Modell hat mittlerweile auch gut 2–3 Dekaden auf dem Buckel, doch immerhin wurde hier — im Gegensatz zur klassischen Ökonomielehre — schon integriert und mit einem hohen Verständnis für die Bedeutung der Unternehmenskultur gedacht. Umso mehr war es ein großer Vorteil, dass das Management — im Übrigen mit einem hohen Female-leadership Anteil — hier ebenfalls integriert Strategie umsetzen wollte.
Also: Unternehmenskultur nach vorne, um nicht darauf zu warten, dass Kultur die Strategie zum Frühstück frisst.
Ansätze für eine Kulturveränderung
Aus der Stakeholderumfrage und vielen Werksbesichtigungen, Interviews und Befragungen leiteten wir nun mit einer Arbeitsgruppe drei wesentliche Handlungsfelder ab. Die Leute sollten mobilisiert werden, raus aus den (durchaus Sicherheit gebenden) Silos, Verantwortung übernehmen und mit Leidenschaft in die Projekte und Arbeit gehen. Das klingt alles noch nach klassischen Kampagnenbegriffen, aber diese Handlungsebenen wurden tiefergehend subsumiert und mit Tools für Leitungskräfte und Teams zur Reflexion ausgestattet. Das Mindset wurde — im Gegensatz zu vielen strategischen Initiativen bis zu diesem Zeitpunkt — vor allem visuell ausgestaltet und eine Roll-out Matrix sorgte dafür, dass jedes Leadership Team sich über zwei Standorte mit den Bereichen zum Austausch treffen würde. So konnte es losgehen.
Tools und Dranbleiben
Auf die Haltung kam es an: Der Roll-out hinterfragte selbst das Mindset; würde es gelingen, machen alle mit — wird es gelebt. Hier hat Meliha Berber Insights aus dem internen Prozess geteilt, dies war sicher auch eine Ermutigung für viele anwesende, interne Kommunikatoren. Es folgen nächste Evaluationen. Definitiv konnten wir schon – vergleichbar mit anderen Projekten, die wir durchgeführt haben — feststellen: Die Rezeption der Mindset Kommunikation ist um ein Vielfaches höher, als bei anderen strategischen Initiativen, die über kein ausgefeiltes Kommunikationskonzept verfügten.
Was hat es gebracht?
Natürlich muss die Frage beantwortet werden: Hat es denn was gebracht?
Ob die Unternehmenskultur aktiv beeinflusst werden kann, ist auch in der Wissenschaft nicht unumstritten. “Dicke Bretter bohrt ihr da”, sagte uns ein Lehrstuhl für Unternehmenspsychologie, als wir die Methodik für eine Evaluierung vorstellten. Und “Ja” sagen Meliha Berber, das Management und die Mitarbeiter. Das Mindset sei spürbar in den Sprachgebrauch und in die Unternehmensgrammatik übergegangen — ob im Alltag, in der Produktion oder im Büro. Meliha Berber zeigte auch jüngste Eindrücke, die das bildhaft vermittelten, so etwa auf dem ersten großen, standortübergreifenden Firmenfest inklusive eigens ausgerichteter, international besuchter Hausmesse. Auch die darauf folgenden strategischen Initiativen, wie die Positionierung und das Branding-Projekt, hätten noch einmal massiv in die Unternehmenskultur und Identität eingezahlt. Das sei zu sehen und zu spüren – und wird in Kürze mit einer neuen Stakeholderumfrage gezielt evaluiert.
Verbleibt nur mit dem Papst für Unternehmenskultur zu sagen: Entweder man hat eine (weitestgehend) gemeinsame Vorstellung von der Unternehmenskultur – oder man hat keine. Wie adressieren Sie in Strategieprozessen die Unternehmenskultur? Ein Austausch wäre spannend!
Klaus Motoki Tonn wirbelt seit 15 Jahren in kreativen Zentren und internationalen Großkonzernen. Er liest gerne über Kultur während er frühstückt und ist aktuell Partner bei Lumen. Motoki begleitet gerne Organisationen in Fragen von Kommunikation und Kultur.