Vergiss Frederik Taylor! Wir kollaborieren!
Wir gewinnen – im veralteten Spiel
Als ich vor 15 Jahren meinen Fuß in die Arbeitswelt gesetzt habe machte man sich Gedanken über virtuelle Teams und Telearbeit wurde angepriesen. Verhandlung über einen Internetzugang vom Arbeitgeber zuhause waren gang und gäbe. Heute reise ich im Flieger oder ICE und sehe einen großen Teil meiner Mitreiser arbeiten – PowerPoint, Excel und Slack sind gerne mal Reisebegleiter. Was in den letzten Dekaden vor sich ging war der Wandel vom Taylorimus zum Knowledge Worker – oder so halb.
Frederik Taylor zerlegte vor 120 Jahren die Arbeit in kleine Teile und optimierte die Produktionsabläufe. Die Denke begründete modernes Management und die Arbeitswelt orientierte sich an Effizienz, Standardisierung und Fehlervermeidung. Personalsystem unterstützen dies durch klare Verantwortungen in Orgstrukturen, Ziel- und Belohnungssystem sowie standardisierten Stellenbeschreibung. 1959 kam Peter Drucker daher und witterte einen Shift: in der Zukunft wird Wissen der Kerninhalt von Arbeit sein. Köpfe statt Knöpfe. Und diese Revolution sah die Welt über die letzten 50 Jahre. Personalsystem änderten sich auf durch Fokus auf Gewinnen von Talenten (beste Köpfe), auf Führung und Förderung von Talenten. Irgendwie ist die Welt noch immer dabei, diese Welle zu verdauen.
Seit einigen Jahren befinden wir uns in einer neuen Welle. Ich hörte den Ausdruck „Network of Brains“ zum ersten Mal ca. 2006 vom SAP CEO Henning Kagermann. Er sprach davon, wie zukünftig die Kollaboration eines Netzwerks über Firmengrenzen hinweg für den Erfolg entscheidend ist. Nicht mehr nur das Koordinieren im Haus, sondern über eine Gruppe von freien Teilen hinweg macht den Unterschied. Und hier sind wir. Viele Unternehmen zielen nach wie vor primär auf Effizienz – und versuchen damit, das falsche Spiel zu gewinnen. Andere fragen sich noch immer, wie sie die richtigen Leute finden und wie weit sie ihren Leuten vertrauen können – auch dieses Spiel ist nicht das Spiel unsrer Zeit. Heute spielen wir Kollaboration und Netzwerk. Die Sieger von gestern haben es schwerer den je…
Die Zukunft kommt nicht aus R&D
GE, Sears, Dell – einstige Titanen der amerikanischen Wirtschaft hängen am Tropf. Von den 30 Unternehmen der Gründung im DAX sind noch 12 dort vorhanden. Die Größe von gestern ist kein Garant für eine Zukunft. Weltweit werden Unicorns beobachtet – Neuunternehmen mit einem Marktwert über 1 Milliarde US Dollar. Von den 266 Unicorns im August 2018 sind wie viele aus Deutschland? Null! China hat 131 und USA 84. Nationen mit Startup-Geist und Marktmacht. Aber selbst Luxemburg hat ein Unicorn, und die Schweiz zwei. Das letzte Unicorn aus deutschen Landen war Zalando.
Ist ja nicht so, dass in großen Unternehmen nicht geforscht und entwickelt wird. Man wünscht sich ja schon Zukunft. Aber die Größe und Struktur von Unternehmen ist oft eher ein Problem als eine Hilfe. Zu viel KPIs, zu viele Vorgaben und Prozess, zu viel Politik. Und oft auch kein attraktives Umfeld für Draufgänger und Gründer mit weltverändernden Vision. Hätte Elon Musk bei VW arbeiten können? Don’t think so. Jetzt ist nicht jeder Jungsporn mit einem Laptop und Elevator-Pitch die Wende für die Industrie. Aber die Zukunft scheint nicht aus den R&D Abteilungen unsrer Lande zu kommen.
Wenn wir nicht in Zukunft alle für Chinesen oder Amerikaner arbeiten wollen braucht es einen Taktwechsel. Was wir heute erleben ist der Wandel von Bricks zu Clicks. Die größten IPOs der letzten Jahre waren allesamt Tech-Unternehmen. Ab gestern ist jedes Unternehmen ein Tech-Unternehmen. Und damit geht der Wandel von Manpower zu Mindpower.
Wir leben im Network-of-Brains Zeitalter
Unternehmen stehen heute vor der großen Frage, wie sie Kollaboration meistern. Wir bewegen von uns vom Taylorismus über die Knowledge Worker hin zum Network of Brains Ansatz. Diese Logiken überlagern sich in etablierten Unternehmen und machen die Frage nicht leichter. In Network-of-Brain Kapitel dreht sich die Frage um kollaborative Produktivität, Vernetzung und Ownership. Nur im Koordinieren eines Netzwerks kann man die systemischen Änderungen bewirken, die Firmen und Kundengruppen brauchen.
Der ehemalige McKinsey Berater Frederick Laloux hat sich darüber Gedanken gemacht und mit Reinventing Organizations einige steile Ansagen formuliert. Ich kaufe seine Aufteilung der Stufen nicht und bin nicht so optimistisch was Selbstorganisation angeht. Und auch wenn seine Story an diesem Punkt etwas off sein mag, so bringt er die wesentliche Veränderung klar in den Fokus – in der Zukunft wird man viel mehr mit Menschen arbeiten (müssen), die man nicht kontrolliert, die man nicht über Bonus oder Malus steuert und die einer eigenen Logik folgen. Und doch braucht man sie und muss mit ihnen sich so verlinken, dass man gemeinsam was schafft. Das läuft nicht über Command-and-Control, sondern über Purpose, Teaming und win-win Situationen. Die Regeln und Rhythmen dieser Welt sind andere. New Work ist ein Name dafür, und es ist primär eine Frage der Kultur und Haltung.
Das Drama um GE
Schauen wir uns einen Versuch der Transformation an. Das gute alte GE. Seit 120 Jahren war das Unternehmen respektabel, dominant und prägend. Durch Generationen kamen Impulse für Industrien und Best Practices im Management aus deren Reihen. Natürlich sah man auch dort wie die Welt sich änderte. 2015 gab der CEO Jeff Immelt folgende Aussage:
So sah man in seiner eigenen Marktmacht eine große Chance. Überall waren GE Maschinen im Einsatz. Wenn man diese anzapfen könnte und die Daten nutzen… Das wäre super. Big Data mit der Möglichkeit für Predictive Maintenance zunächst mal, aber dann auch alle möglichen Apps und Innovationen. So setzte GE eine Abteilung für die nächste Welle der Firmengeschichte auf – GE Predix.
Zunächst war der Fokus auf Jet Engines. Schnell wuchs der Appetit: lass uns durch gleich Turbinen, Kraftwerke etc mit aufnehmen. Statt nur Daten zu ziehen wollte man auch gleich eine Plattform schaffen – mit einem Partner-System und eigener Architektur. Und plötzlich wollte man nicht mehr mit AWS, Azure oder Google Cloud arbeiten, sondern seine eigene Cloud haben. Klar, man war ja ne Marke. Stolz war im Jahresbericht von 2017 von 1 Mrd USD Umsatz die Rede, und 1.500 Mitarbeiter waren in der internen Startup-Abteilung.
Im Juli 2018 kam dann die Verkündigung: wird verkauft! Was ist passiert? Die Umsätze waren nicht wirklich Einnahmen, sondern interne Verrechnungen. Die Abteilung war viel zu groß um einen Unterschied zu machen – welches Startup der Welt arbeitet mit 1.500 Personen? Man löste nicht erst ein Kundenproblem, sondern wollte gleich die gesamte Industrie dominieren #boiltheocean. Alte Struktur, alte Denke in einem neuen Feld. Schlechter Mix.
Lerne die Regeln
Die Zeiten ändern sich. In vielen Pausengesprächen und Small Talks redet man über die Überforderung in unsrer Welt, über die Always-on-Mentalität, über die vielen Möglichkeiten aber auch die dramatische Überhitzung in Organisationen. Größe und vergangener Erfolg sind genauso Vorteil wie Gefahr. Wie sich eine Organisation zu diesen neuen Zeiten verhält entscheidet viel.
Die Regeln ändern sich von Vorgaben und Karotten-Taktiken hin zum Beeinflussen eines Netzwerks. Damit ist Purpose und Speed wichtiger, Kultur und Mindset prägen. Wer diese Tools meistert, kommt weiter als die tiefen Taschen von gestern. Diese neuen Regeln zeigen sich klar in der Erwartung von Mitarbeitern und im Erfolg von neuen Firmen. Es ist an der Zeit, diese neuen Formen zu lernen und zu meistern. Und zwar schnell. Das braucht Mut und Transparenz – und dann ist es durchaus machbar. Dafür haben wir eine Webseite entwickelt mit einigen Tools, die sich aus der Startup Welt beweisen und ihren Weg in den Kodex von New Work bahnen. Wir glauben, dass das Beste noch vor uns liegt.